Vielleicht kennst du auch den Spruch »Als Jugendleiter*in stehst du immer mit einem Bein im Knast«.  Tatsächlich ist es aber so, dass die Zahl der Jugendleiter*innen, die wegen Verletzung der Aufsichtspflicht verurteilt wurden, sehr gering. Hab also keine zu große Angst etwas falsch zu machen!

Trotzdem gibt es natürlich einige Punkte, derer du dir als Sippenführung bewusst sein solltest.


AUFSICHTSPFLICHT

Die Aufsichtspflicht ist der Dreh- und Angelpunkt in nahezu allen Rechtsfragen, mit denen Sippenführungen konfrontiert werden. Wird während der Fahrt jemand aus der Sippe verletzt oder beschädigt etwas, das nicht ihr*ihm gehört, steht zunächst die Frage im Raum, wie es dazu kommen konnte und ob du als Sippenführung nicht richtig Aufsicht geführt hast.
Jede*r Minderjährige ist aufsichtsbedürftig. Die Aufsichtspflicht obliegt dabei zunächst den Eltern und dient zum einen dem Schutz des Kindes und zum anderen dem Schutz von Dritten (also anderen Personen oder deren Eigentum) vor dem Kind. Schließlich sind die Kinder in ihrem Lebensumfeld vielen Gefahren ausgesetzt (z.B. Straßenverkehr) oder können durch ihr Verhalten Andere schädigen (z.B. eine zerbrochene Fensterscheibe beim Fußballspielen).

 

ÜBERTRAGUNG DER AUFSICHTSPFLICHT VON DEN ELTERN AUF DIE SIPPENFÜHRUNG

Eltern haben aber nicht nur die Aufsichtspflicht für ihr Kind, sondern eine umfassende elterliche Sorge (z.B. die Pflicht zur Pflege und Erziehung eines Kindes), die hauptsächlich nicht übertragbar ist. Auf Fahrt übertragen Eltern lediglich die Aufsichtspflicht an dich als Sippenführung. Darüber hinaus hast du auf Fahrt die Verantwortung für das körperliche und seelische Wohl der Sipplinge. So musst du z.B. darauf achten, dass sich die Sipplinge regelmäßig waschen, benötigte Medikamente einnehmen und sich ausreichend ernähren. Die Aufsichtspflicht hat eigentlich, so sieht es zumindest der Gesetzgeber, nichts mit Erziehung zu tun und deshalb wird dir mit der Aufsichtspflicht kein generelles Erziehungsrecht übertragen.

Wie bekommst du die Aufsichtspflicht von den Erziehungsberechtigten übertragen? Grundsätzlich kann dies schriftlich (in diesem Fall bei der Anmeldung zur Fahrt), mündlich oder stillschweigend geschehen. Durch das Anmelden des Kindes zur Bundesfahrt vertrauen dir die Eltern ihr Kind an und übertragen dir die Aufsichtspflicht. Details und Verweise auf "gefährlichere" Aktivitäten (z.B. Schwimmen oder Kanufahren) sollten in der Anmeldung geklärt und unterschrieben werden, damit du abgesichert bist. Ein Beispiel für eine Stammesanmeldung findet ihr hier.

 

KANN DIE AUFSICHTSPFLICHT AUCH VON MINDERJÄHRIGEN ÜBERNOMMEN WERDEN?

Ja, auch wenn du noch nicht volljährig bist, kannst du trotzdem die Aufsichtspflicht übernehmen. Du hast als Sippenfuhrung aber dadurch keine weitergehenden Rechte als deine Altersgenossen. Allerdings müssen in diesem Fall deine Eltern deiner Tätigkeit als Sippenführung und Leitung der Fahrtengruppe im Vorfeld zustimmen. Dazu bedarf es jedoch keines schriftlichen Vertrags. Die Zustimmung deiner Eltern zur Übernahme der Aufsichtspflicht kann auch mündlich oder stillschweigend erfolgen.

 

WIE ERFÜLLT MAN SEINE AUFSICHTSPFLICHT?

Oberstes Ziel der Aufsichtspflicht ist es, einen Schaden von den Schutzbefohlenen oder einen Schaden, den die Schutzbefohleneneinem Dritten zufügen könnten, zu verhindern. Um deiner Aufsichtspflicht genüge zu tun, gibt es einige Dinge, die du beachten solltest:

 

1. Vermeide und beseitige Gefahrenquellen! (z.B. sind offen rumliegende Sägen oder Scherben am Lagerplatz keine gute Idee)

2. Belehre die Teilnehmer-innen über mögliche Gefahren! (z.B. falls ihr am Ufer eines Sees zeltet oder eine kurze Etappe entlang einer Straße wandern müsst.)

3. Sprich Ge- und Verbote aus!

4. Überwache das Tun der Schutzbefohlenen! Dies kann der Situation angemessen auch stichprobenartig erfolgen, du musst keine Helikoptersippenführung sein.

5. Greif ein, um einen Schaden zu verhindern! Das Eingreifen beim Nichtbeachten von Regeln ist nötig, zum Einen aus rechtlicher Sicht, als auch aus pädagogischer Sicht.


Beachte in jeder Situation, dass deine Sipplinge alle unterschiedlich sind mit ihren individuellen Eigenschaften und Fähigkeiten. Du solltest deine Gruppe gut kennen und einschätzen können um zu entscheiden, welche Regeln wichtig sind und wie sehr du auf sie Acht geben musst. Überschätze dabei auch deine eigenen Fähigkeiten und Möglichkeiten nicht.
Beachte außerdem, dass das Ausüben der Aufsichtspflicht der Situation angemessen sein sollte. Auf einem ruhigen Lagerplatz am Waldrand wirst du dich in deiner Rolle als Sippenführung anders Verhalten, als bei einem Ausflug in die Stadt.


WIE DARF ICH KINDER UND JUGENDLICHE BESTRAFEN?

Sicherlich wird es manchmal vorkommen, dass sich einige Sipplinge über die abgesprochenen Spielregeln hinwegsetzen. Du solltest dir überlegen, welche Sanktionen auch pädagogisch sinnvoll sind. Deshalb sollten

sich die Strafen …

• an der »Tat« orientieren

• für die*den Geschädigte*n abzeptabel sein (z.B. wenn jemand die Tasse eines*einer Anderen kaputt gemacht hat, könnte es angemessen sein, eine neue zu kaufen. In anderen Fällen reicht vielleicht eine Entschuldigung.)

• zeitnah verhängt werden

• für die »Schuldigen« nachvollziehbar sein

Gravierende Strafen, wie das Heimschicken von einer Fahrt oder der Ausschluss aus der Gruppe sollten immer das letzte Mittel sein!

Generell und auch seitens des Gesetzgebers gibt es für Strafen deutliche Grenzen! Deine Strafen dürfen nicht die Menschenwürde oder die Persönlichkeitsrechte verletzen!


HAFTUNG

Die Notwendigkeit, weshalb es überhaupt eine Aufsichtspflicht gibt, begründet sich darin, dass rechtlich davon ausgegangen wird, dass Kinder und Jugendliche noch nicht immer in der Lage sind, die Folgen ihres Handelns vollständig zu überblicken. Folglich können sie auch nicht haftbar gemacht werden, wenn durch ihr Verhalten ein Schaden eintritt. Haftbar gemacht werden in einem solchen Fall die Aufsichtspflichtigen – also ggf. auch du! Das gilt auch, wenn du nicht richtig auf deine Sippe aufpasst und sie sich selber einen Schaden zufügen, also sich z.B. verletzen. Doch eines sei vorneweg geschickt: Generell ist es so, dass du im Schadensfall nur haften musst, wenn der Eintritt des Schadens bei einer »gehörigen Führung« der Aufsichtspflicht zu verhindern gewesen wäre. Das bedeutet: Wenn ein Kind beim »vorschriftsmäßigen« Schaukeln von der Schaukel stürzt und sich verletzt, kann dir das nicht angelastet werden, denn auch wenn du daneben gestanden hättest, hättest du den Sturz nicht verhindern können. Genauso sieht es aus, wenn emand beim Wandern stolpert und sich das Knie verletzt, soetwas gehört zum »allgemeinen Lebensrisiko« und kann dir nicht angelastet werden. Die Verletzung der Aufsichtspflicht muss vom*von der Geschädigten nachgewiesen werden. Dazu muss der Geschädigte nachweisen können, dass du z.B. vergessen hast, auf eine Gefahr hinzuweisen, ein Verbot auszusprechen oder die Regeln nicht richtig überwacht hast und aufgrund dieses Fehlers der Schaden eingetreten ist. Kann dir nicht nachgewiesen werden, dass du deine Aufsichtspflicht verletzt hast, musst du auch nicht haften und Geschädigte gehen im Zweifelsfall leer aus.

Doch was bedeutet Schadensersatz denn nun? Wenn ein Kind aus deiner Gruppe zu Schaden kommt, weil du deine Aufsichtspflicht nicht sorgfältig genug ausgeübt hast, können die Eltern von dir Schadensersatz fordern. Das hört sich jetzt sicherlich erst einmal sehr gefährlich für dich an. Doch keine Angst! Ob du im Falle eines Schadens wirklich haften musst, hängt von der Schwere der Aufsichtspflichtverletzung ab – also davon, ob du vorsätzlich, grob fahrlässig oder fahrlässig gehandelt hast.

 

Quelle und detailliertere Informationen: Juleica - Handbuch für Jugendleiterinnen und Jugendleiter

 

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Kommentar

  1. Andrea Ries (Fuchs) sagt:

    Komplett