963-1385: Gründung des Königreich Polens durch die Piasten-Dynastie
Unter Herzog Mieszko I. aus dem Stamm der Polanen, wird der polnische Staat als nordöstlichster Vorposten der abendländischen Staatengemeinschaft 963 gegründet. 966 lässt Mieszko I. sein Volk taufen und stellt sich somit unter den Schutz des Papstes, der damals als einzig gültigen internationalen Rechtsinstanz. Damit entzieht er nicht nur seinen Nachbarn die Rechtfertigung für einen „gerechten Krieg“, sondern kann selbst mit päpstlicher Unterstützung missionierend tätig werden. 968 gründet er in Poznań (Posen) ein erstes Bistum. Mieszkos Sohn Bolesław I. versucht, sein Herrschaftsgebiet auszuweiten. Er besetzt Böhmen, Mähren und die Lausitz und startet Feldzüge gen Kiew.
1138 zerfällt das Königreich Polen nach dem Tod Bolesław III. in viele kleine Fürstentümer. Erst König Władysław I beendet 1306 die territoriale Zerspliterung. Sein Sohn Kazmierz III. gründet 1364 die erste Universität des Landes in Krakau mit Kazmierz III. erlsicht die Piasten-Dynastie. Ludwig I. von Ungarn übernimmt die Herrschaft in Polen.
1385 – 1569: Herrschaft der Jagiellonen – littauisch-polnische Union gegen den deutschen Ritterorden
Ludwig der I. von Ungarn „erkauft“ die Thronrechte für seine Tochter Jadwiga, die er mit dem littauischen, zum Christentum konvertierten Großfürsten verheiratet. Der neue König von Polen und Littauen nennt sich Władysław II. Jagiełło und begründet die Dynstie der Jagiellonen, ie über den flächenmäßig größten europäischen Staat herrscht.
Von 1409 – 1466 herrscht Krieg zwischen der Littauisch-Polnischen Allianz und dem deutschen Ritterorden, mit kurzen Unterbrechungen. 1410 kommt es bei Grunwald zur größten Schlacht des Mittelalters, die auch als „Schlacht bei Tanneberg“ bekannt ist. Der deutsche Ritterorden wird vernichtend geschlagen. Ein Ereignis, das noch heute zur geschichtlichen Allgemeinbildung bei den Polen zählt.
Im 2. Thorner Frieden (1466) musste der militärisch und finanziell erschöpfte deutsche Orden auf Pommerellen mit Danzig, das Kulmer und Michelauer Land, auf Elbing und die Marienburg verzichten ("Königliches Preußen"). Das östliche Preußen mit Königsberg verblieb dem Deutschen Orden als polnisches Lehen.
Unter Kazimierz IV. Andrzej (1447-92) sicherte sich das jagiellonische Haus die böhmische Krone. Sein ältester Sohn Władysław wurde (1469/71) von den böhmischen Ständen berufen. Zwischen 1490 und 1526 kontrollierten die Jagiellonen den von Ostsee und Böhmerwald bis zum Schwarzen Meer reichenden ostmitteleuropäischen Staatengürtel, fanden sich aber der zunehmend ernster werdenden Bedrohung durch das aufstrebende Großfürstentum Moskau und die Osmanen ausgesetzt.
Zygmunt II., der letzte König der Jagiellonen-Dynastie beschließt 1569 die „Lubliner Union“, nach der Polen und Litauen fortan eine reale Union sind, also nicht nur den gleichen König, sondern auch einen gemeinsamen Reichstag haben.
1573-1795: Die gewählten Könige, die erste Verfassung Europas und der Zerfall des Königreiches
Nach dem Tod Zygmunt II. wird Polens neuer König nunmehr vom Adel gewählt. Die Entscheidung, nach dem Aussterben der Jagiellonen im Mannesstamm (1572) eine Wahlmonarchie einzurichten und den gesamten Adel zur Wahl zuzulassen, führte zu einer weiteren Schwächung der königlichen Macht, festigte den Einfluss der Magnaten und beschleunigte die Ausprägung einer extrem adelsrepublikanischen Staatsform. Das seit 1652 respektierte Recht jedes Landboten, mit seinem Einspruch (Liberum veto) den Reichstag beschlussunfähig zu machen, erleichterte den an einer Schwächung Polens interessierten Nachbarmächten die direkte Einmischung.
Erster polnischer König wird der franzose Heinrich von Valois, der nach Frankreich zurückkehrt, als er dort den Thron besteigen kann. Ihm folgt der Ungar Stefan Batory. Ihm folgt Zygmunt III. aus dem schwedischen Königshaus Wasa, unter ihm wird 1596 Warschau zur neuen polnischen Hauptstadt gewählt. Die polnischen Könige aus dem Hause Wasa strebten auch die nordische Krone an, was widerum deren protestantischen Vettern missfiel, weshalb Polen 1655-1660 von den Schweden angegriffen.
1683 erringt König Jan III. Sobieski (1674 – 1696) für Polen einen letzten militärischen Sieg: 1683 sprent er den Belagerungsring um Wien und besiegt die türkischen Truppen, wofür er als „Retter des christlichen Abendlandes“ gefeiert wird.
König August II, „der Starke“ (1697-1733) aus der Dynastie der sächsischen Wettiner, lässt sich in die schwedisch-russischen Auseinandersetzungen hineinziehen. Teile Polens sind zwischenzeitlich unter schwedischer Besatzung. Unter Polen letztem König Stanisław II. August Poniatowksi (1764-1795) verankert Russland seinen Einfluss im Land. Er setzt ein Toleranzedikt durh, das die Gleichstellung von Protestanten, Orthodoxen und den Katholiken garantiert. Dem stellen sich die adeligen katholiken entgegen. Schließlich greifen die Nachbarn in den Konflikt ein. Die russische Zarin lässt ihre Truppen aufmaschieren, woraufhin auch Preußen und Habsburg eingreifen. 1772 werden 30% des polnischen Königreiches schließlich zwischen Russland, Deutschland und Österreich aufgeteilt.
Der Druck zur inneren Reform wurde größer. Mit dem "Immerwährenden Rat" (1775) und der "Nationalen Erziehungskommission" (1773) erhielt Polen beispielhafte Verwaltungs- und Bildungseinrichtungen. Ein "Vierjähriger Sejm" (1788-92) verabschiedete am 3. Mai 1791 – zwei Jahre vor der Verabschiedung der französischen Verfassung – die erste geschriebene Verfassung Europas, die mit der Abschaffung der freien Königswahl dem grundbesitzenden Adel und den Städtern politische Mitwirkungsrechte übertrug.
Dagegen unterstützte Zarin Katharina II. die Adelsreaktion, die sich 1792 in der Konföderation von Targowica zusammenschloss und mit russischer Waffenhilfe die Reformpartei zur Zurücknahme der Mai-Verfassung zwang. Ihre Intervention ließen sich Russland und Preußen in der 2. Teilung Polens 1793 mit litauischen, weißrussischen und ukrainischen Woiwodschaften bzw. Großpolen, Danzig und Thorn honorieren. Ein von Tadeusz Kościuszko geführter allgemeiner Volksaufstand brach nach der Niederlage von Maciejowice im Oktober 1794 zusammen. Das restliche Polen wurde in der 3. Teilung Polens 1795 unter Russland, Preußen und Österreich aufgeteilt und verschwand von der politischen Landkarte Europas.
1795 – 1918: Preußen, Österreich und Russland
Bis zum Ende des ersten Weltkrieges, genau 123 Jahre lang, haben die Polen keinen eigenen Staat, sondern leben den drei Königreichen Preußen, Österreich und Russland. Sprache, Religion und Kultur sind das einigende Band; in Literatur, Kunst und Musik wird die Erinnerung an ein „freies Polen“ wachgehalten.
Die Hoffnung auf eine Befreiung durch Napoleon werden enttäuscht. Auf dem Wiener Kongress 1815 erhält Russland das von Napoleon eingerichtete Herzogtum Warschau (1807-1815), Preußen erhält das Großerhezogtum Polen und Österreich Galizien.
1830 – 1863 Aufstände gegen die Besatzungsmächte, die aber nicht von Erfolg gekrönt sind.
1918 – 1945: Das widererstandene Polen und der zweite Weltkrieg
Die Konfrontation der Teilungsmächte im Ersten Weltkrieg, die bolschewistische Revolution in Russland 1917 und die Niederlage des preußisch-deutschen und des Habsburgerreiches setzten die Wiedererrichtung eines unabhängigen Polen auf die Tagesordnung der europäischen Politik. Nach der deutschen Kapitulation konnte Józef Piłsudski (1867-1935), der Führer der gemäßigten Sozialisten, am 11. November 1918, zugleich politisch unterstützt von den Westmächten, als "Vorläufiger Staatschef" die vollziehende Gewalt in dem bis dahin von deutschen Truppen besetzten Warschau übernehmen. Polen hatte nach 123 Jahren Fremdherrschaft wieder die Selbständigkeit errungen.
Das Polen der Zwischenkriegszeit ist ein Vielvölkerstaat mit starken ethnischen Minderheiten: 19 Mio. Polen, 4 Mio. Ukrainer, je 1 Mio. Deutsche, Weißrussen und Russen. Die plnische Regierung hatte sich den Siegermächten verpflichtet seinen Minderheiten alle staatsbürgerlichen Rechte zuzuerkennen, tut sich mit der Umsetzung aber schwer.
Außenpolitisch zeichnet sich indes eine Annäherung an Deutschland ab: 1934 unterzeichnen beide Länder einen Nichtangriffspakt. Doch als Hitler mit seinem Ansinnen, die freie Stadt Danzig „heim in Reich“ zu holen, am Widerstand Polens scheitert, kündigt Deutschland das Abkommen und schließt einen Nichtangriffspakt 1939 mit der Sowjetunion.
Am 01. September 1939 Deutschland greift Polen bei Danzig an und eröffnet damit den zweiten Weltkrieg. Am 17. September marschiert die russische rote Armee im Osten Polens ein. Am 28. September kapituliert Warschau. Die deutsch-sowjetische, und ab Juni 1941 ausschließlich deutsche Besatzung fordert Millionen Tote. Die Regierung flieht ins Exil nach London. 6 Mio. Einwohner kommen um, die jüdische Bevölkerung wird in den Konzentrations- und Vernichtungslagern fas völlig ausgelöscht.
In Polen bildet sich die „Heimatarmee“, die über 400.000 Soldaten verfügt und Guerilla-Taktiken anwendet. Widerstand leisten 1943 auch die im Warschauer Ghetto eingeschlossenen Juden. 1944 kommt es zum Widerstand in Warschau mit Unterstützung der Heimatarmee, der von den Deutschen mit der völligen zerstörung der Stadt bestraft wird. „Konkurrenz“ anstelle von gewünschter Unterstützung erhält die „Heimatarmee“ furch die von Moskau gelenkte „Volksarmee“. Aus ihr geht das Nationale Befreiungskomitee hervor, das 1944 in Lublin eine kommunistische Gegenregierung zur Exilregierung Polens in London bildet.
1945 – 1989 Das sozialistische Polen
Mit der sich abzeichnenden Niederlage Deutschlands Anfang 1945 entwerfen die Siegermächte Engalnd, USA und Sowjetunion in Jalta die Nachkriegsordnung: Die westliche Grenze Polens wird ca. 200km nach Westen verschoben. Die Folge der territorialen und politischen Neuordnung waren Flucht, Vertreibung und Umsiedlung von 7 Millionen Deutschen aus den Ostprovinzen östlich von Oder und Lausitzer Neiße und rund 1,5 Mio. Polen aus den sowjetisch gewordenen polnischen Ostgebieten. Die Siegermächte akzeptieren die aus dem Lubliner Komitee hervorgegangene „Regierung der Nationalen Einheit“, die 1947 die ersten Wahlen für den verfassungsgebenden Sejm organisieren, aus denen die kommunistische Polnische Arbeiterpartei als Sieger hervorgeht. Der Moskautreuen Bolesław Bierut wird erster polnischer Staatspräsident. Die polnische Arbeiterpartei fusioniert mit der polnischen sozialistischen Partei zur polnischen vereinigten Arbeiterpartei (PZPR). In der neuen Verfassung wird Polen als Volksrepublik definiert und die Monopolstellung der PZPR festgeschrieben.
Auch außenpolitisch wird Polen in den „Ostblock“ eingebunden. 1955 wird in der polnischen Hauptstadt der „Warschauer Pakt“ das militärische Gegenstück zu der 1949 gegründeten NATO ins Leben gerufen. Die Polen sahen das Bündnis als wirksamen Schutz bei der Sicherung der von Deutschland infrage gestellten Westgrenze des Landes.
Es dauerte 25 Jahre nach Ende des zweiten Weltkrieges bis Polen und Deutschland wieder Beziehungen zueinander aufnahmen. 1970, anlässlich der Unterzeichnung des "Vertrags über die Grundlagen der Normalisierung der gegenseitigen Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen" hielt sich der damalige Bundeskanzler Willy Brandt in Warschau auf und kniete vor dem Denkmal für die Opfer des Warschauer Ghettoaufstands im April 1943 nieder. Die Geste wurde weltweit als Deutsche Bitte um Verzeihung für die Verbrechen des zweiten Weltkrieges wahrgenommen.
Ähnlich wie die ehemalige DDR hat Polen wirtschaftliche Schwierigkeiten – geringe Kaufkraft und Versorgungsmangel – die nicht behoben werden. Es kommt vermehrt zu Aufständen. 1970 wird die“freie Gewerkschaft Solidarität“ gegründet. Durch die Wahl des des Krakauer Erzbischofes Karol Wojtyła zum Papst 1978 erfährt die Opposition einen enormen Aufschwung. 1980 wird die von Lech Wałesa angeführte „Solidarität“ offiziell zugelassen und die Mitgliederzahl steigt rapide ab. Der Parteichef der PZPR sieht sich zum Rücktritt gezwungen. Das Land befindet sich im Chaos, die Sowjetunion droht mit einer Intervention. Polen ruft vorher 1981 das Kriegsrecht aus, die Mitglieder der „Solidarität“ werden interniert.
1990 – bis heute: Transformation - Einbindung ins westliche Bündnis und Europa-Skeptizismus
Bereits 1988 kommt es zur Legalisierung von „Solidarität“. 1990 wird Lech Wałesa zum Staatspräsident gewählt. Die PZPR hört auf zu existieren, das Bündnis des „Warschauer Pakt“ wird gelöst. 1999 tritt Polen der NATO bei. 2004 wir Polen Mitglied der EU und seit 2007 im Schengener Abkommen. Polen leidet in der Zeit sehr stark unter der Abwanderung der jungen Generation. Viele Jungen suchen Arbeit im europäischen Ausland, wo höhere Löhne gezahlt werden. Erst 2008 löst sich diese Problematik im Zuge der Wirtschaftskrise von selbst. Bis heute hat Polen den Euro nicht eingeführt, das Datum wurde diverse male nach hinten korrigiert, momentan wird die Einführung des Euros für 2020 angestrebt. Die derzeitige Entwicklung in Polen, lässt aber Zweifel daran, dass die jetzige Regierung sich tatsächlich auch mit ihrer Währung an die EU binden will.
2015 gewann die euroa-skeptische und national-konservative PIS-Partei (Prawo i Sprawiedliwość zu deutsch Recht und Gerechtigkeit) die sejm-Wahlen und stellt seitdem die Ministerpräsidentin Beata Szydłow. 2001 wurde die Partei von den Brüdern Lech und Jarosław Kaczyński gegründet. Lech Kaczyński war von 2005 bis zu seinem Tod 2010 der Präsident des Landes. Er kam bei einem Flugzeugabsturz in Smolensk ums Leben. Er war auf dem Weg zu einer Gedenkfeier anlässlich des Massakers von Katyn, bei dem 1940 tausende gefangene Polen von der Sowjetarmee getötet wurden. Es war das erste Mal das Polen und Russland gemeinsam am Jahrestag gedachten. Die Absturzursache konnte bis heute nicht endgültig geklärt werden und liefert immer noch genug Stoff, für Verschwörungstheorien, laut denen die Russen und der damalige Ministerpräsident und politische Gegner der Kaczynskis Donald Tusk, für den Flugzeugabsturz verantwortlich sind.
Jarosław Kaczyński ist heute der Parteiführer der PIS und es macht den Anschein, dass er die Fäden in der Hand hält, denn Ministerpräsidentin und Staatspräsident sind Mitglieder seiner Partei. Innerhalb weniger Monate nach Amtsantritt von Beata Szydłow macht die Regierung von sich Reden, in dem Sie die Rechte des Bundesverfassungsgericht beschneidet, in die Pressefreiheit eingreift und als erstes die EU-Flagge von den Pressekonferenz-Sälen verbannt hat.
Quellen:
Baedecker: Polen: Geschichte – Hintergrund, S. 39 – 55, 9. Auflage 2014, Karl Baedecker GmbH
Bingen, Dieter: Geschichte Polens bis 1918 http://www.bpb.de/geschichte/zeitgeschichte/deutsch-polnische-beziehungen/39751/geschichte-polens-bis-1918
Bingen, Dieter: deutsch-polnische Geschichte seit 1918 http://www.bpb.de/geschichte/zeitgeschichte/deutsch-polnische-beziehungen/39755/deutsch-polnische-geschichte-seit-1918